Eines der großen Themen in diesem Jahr 2017 wird alles rund um IT und Software-Programmierung, Digitalisierung an unseren (Grund-)Schulen. Darüber wird und wurde in letzter Zeit viel berichtet, hier, hier und hier unter anderem. Der Tenor ist eindeutig:
„Während in Deutschland nur die wenigsten Schüler Informatik lernen, steht in Großbritannien das Fach „Computing“ bereits ab der Grundschule auf dem Lehrplan. Die britische Regierung will damit die neue Generation auf die Zukunft vorbereiten.“ (aus der Wirtschaftswoche)
Was macht das mit uns als Eltern? Ist es einfach nur ein weiterer Ausbildungsbaustein im Leben unserer Kinder, genauso wie Bücher lesen, rechnen oder schreiben lernen? Oder kommt da in Zeiten des digitalen Wandels etwas Größeres, Fundamentales auf uns – und vor allem auf unsere Kinder – zu?
Ich merke, dass es immer wichtiger wird, sich diesen Themen und Fragen zu stellen und sie im kleinen privaten Kreis aber auch öffentlich zu diskutieren.
In meinem privaten Umfeld gibt es einige Lehrer. Auch bei denen ist das natürlich ein Thema, wobei hier auch zu hören ist, dass zunächst mal geklärt werden muss, wann, wo mit welchen Methoden dieser Unterricht stattfinden soll, dass sehr viele Schulen noch weit davon entfernt sind, es aber auch einige Lichtblicke gibt.
Geht es nicht trotzdem zunächst um ein Mindset in der Gesellschaft?! Nun kann man sich hinter dieser Aussage auch leicht verstecken; deshalb konkreter: Wir als aufgeschlossene, moderne Eltern sind in der Pflicht, unseren Kindern alle Möglichkeiten zu eröffnen. Aber wie soll das gehen, wenn wir selber nicht programmieren können oder überhaupt keine Affinität oder Berührungspunkte zu IT und Software haben?
Beispiel: Wenn wir abends unseren Kindern ein Buch über das Weltall vorlesen, müssen wir vorher auch keine Astronautenausbildung absolviert haben.
Es geht vielmehr darum, erst einmal Interesse an der Vielseitigkeit unserer Welt zu zeigen und bei den Jungs und Mädchen Faszination für Neues zu wecken, ohne gleich auf alles eine Antwort zu haben.
In der Anfangszeit von Computern/PCs waren wir förmlich gezwungen, uns mit der Hardware und der Software auseinanderzusetzen, andernfalls hätten wir nur neidisch bei anderen zuschauen können, wie sie die ersten mp3 aus dem Internet herunterladen (ich höre gerade noch mein erstes 14.4er Modem)
Nun wird uns insbesondere von der Consumer-Electronics-Industrie vorgemacht, dass die Digitalisierung ausschließlich eine Nutzer-Perspektive hat: Wir konsumieren und benutzen IoT-Produkte, wie Smart-TV, Smartwatch, den vernetzten Kühlschrank und bald vernetzte Autos und verlassen uns darauf, dass das alles funktioniert. Dabei entfernen wir uns immer weiter davon überhaupt nur ansatzweise zu verstehen, was da passiert (und eben auch, wo Chancen und Risiken dieser Technologien liegen). Nicht schlimm, wird mancher sagen, solange zumindest, wie wir den Anbietern vertrauen, solange wie unser Arbeitgeber unsere Arbeit noch nicht automatisiert hat oder – um es mal deutlich zu sagen – solange, wie wir glauben, dass unsere Kinder mit klassischen Berufen später ihr Geld verdienen können.
Und hier wird es spannend. Ich bin der Überzeugung, dass der „Wohlstand“, über den wir alle so glücklich sein können und den wir natürlich auch unseren Kindern wünschen, auf der Basis von Erkenntnissen, Errungenschaften, Fähigkeiten und Überzeugungen aus dem letzten Jahrhundert beruht. Für die nächsten Generationen werden viele dieser Prämissen und Gesetze der Wirtschaft und Wertschöpfung nicht mehr – oder nur noch marginal – gelten.
Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns als Eltern an den Gedanken gewöhnen, dass Informationstechnologie in all seinen Facetten (angefangen vom simplen Code bis hin zur künstlichen Intelligenz) das Fundament für den Wohlstand der nächsten Generationen sein wird.
Bei dieser Aussage dürfen wir allerdings nicht stehen bleiben, sondern sind jetzt gefordert, unsere Kinder an dieser Erkenntnis und unseren Gedanken teilhaben zu lassen, sie ermutigen Dinge zu hinterfragen (wieso kann ein Auto selber fahren, woher weiß meine Uhr wann es heute regnet, woher weiß Siri, wo ich gerade bin u.s.w.).
Nur nicht falsch verstehen: Es geht dabei nicht darum, den Kindern eine Playstation ins Zimmer zu stellen, ihnen zu erklären wie sie selber auf Youtube eine Folge Yakari starten oder sich auf dem Smartphone eine App herunterladen. Es geht auch überhaupt nicht darum, handwerkliche Fertigkeiten, die Freude am Klettern oder am Instrument spielen gegen Programmieren einzutauschen.
Es geht um nichts weniger, als Faszination dafür zu wecken, was sie in 10, 15, 20 Jahren im (Arbeits-)Leben ohnehin erwarten und fordern wird. Selber mal eine App zu programmieren, oder einen Sensor auf dem Raspberry-Pi so anzusteuern, dass man die Raumtemperatur anzeigen kann. Die Zusammenhänge zu erkennen, zwischen virtuellen, zunächst abstrakten Befehlen einerseits und wertschöpfenden Funktionen und Innovationen andererseits.
Alles kein Hexenwerk, sich in kleinen Schritten dieser „neuen Welt“ zu nähern und Freude daran zu entwickeln: mal ein Buch über Roboter kaufen, einen Raspberry-Pi (s. oben) zum Geburtstag schenken, oder mal an einer Digitalwerkstatt teilnehmen. Nur sollten wir aus unserer über Jahre gepflegten, gewohnten, passiven Konsumenten-Rolle raus und dürfen eben nicht auf die Schulen, Ausbilder, Unis zeigen und plump eine digitale Bildung fordern. Wir als Eltern sind selber gefordert.
Unseren Kindern zuliebe.